Widerruf des Verzichts auf eine Umsatzsteuerbefreiung
Der Verzicht auf eine Umsatzsteuerbefreiung kann widerrufen werden, solange die Umsatzsteuerfestsetzung noch anfechtbar ist oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Ein wirksamer Widerruf führt dazu, dass die Leistung umsatzsteuerfrei ist.
Hintergrund: Bestimmte Leistungen wie z.B. ein Grundstücksverkauf sind kraft Gesetzes umsatzsteuerfrei. Bei einigen umsatzsteuerfreien Leistungen kann der Unternehmer auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichten. Ein Ver-zicht auf die Umsatzsteuerfreiheit für einen Grundstücksverkauf muss nach dem Gesetz in dem notariellen Kaufver-trag über das Grundstück erklärt werden.
Sachverhalt: Im Streitfall erwarb die Klägerin ein Grundstück von der A-GmbH im Jahr 2009. Die A-GmbH verzichtete auf die Umsatzsteuerfreiheit, so dass der Verkauf umsatzsteuerpflichtig war. Die Umsatzsteuer musste von der Klägerin abgeführt werden, weil bei umsatzsteuerpflichtigen Grundstücksverkäufen das sog. Reverse-Charge-Verfahren gilt, das die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert. Die Klägerin gab ihre Umsatzsteuererklärung im Jahr 2010 ab; die darauf beruhende Umsatzsteuerfestsetzung stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 23.4.2012 vereinbarten die Klägerin und die A-GmbH den Widerruf des Verzichts. Im Streit war nun die Wirksamkeit des Widerrufs.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt den Widerruf auf den Verzicht für wirksam und gab der Klage statt:
- Zwar muss ein Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung für Grundstücksverkäufe in dem notariellen Grundstückskaufvertrag erklärt werden. Diese Regelung gilt aber nicht für den Widerruf des Verzichts.
- Der Widerruf des Verzichts kann solange erfolgen, wie die Einspruchsfrist gegen die Umsatzsteuerfestsetzung läuft oder die Umsatzsteuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht und deshalb änderbar ist.
- Der Widerruf wäre faktisch ausgeschlossen, wenn er in derselben Urkunde wie der Verzicht erklärt werden müsste.
- Im Streitfall war die Umsatzsteuerfestsetzung der Klägerin im Jahr 2012 noch änderbar, da die Umsatzsteuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, als der Verzicht widerrufen wurde.
Hinweise: Der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung muss im notariellen Grundstückskaufvertrag erklärt werden, damit der Grundstückskäufer vor einem nachträglichen Verzicht des leistenden Unternehmers geschützt wird; denn bei einem nachträglichen Verzicht wäre der Grundstücksverkauf umsatzsteuerpflichtig, und die Umsatzsteuer müsste der Grundstückskäufer aufgrund des sog. Reverse-Charge-Verfahrens abführen. Bei einem nachträglichen Widerruf des Verzichts besteht dagegen keine Gefahr für den Käufer.