OPM GmbHAktuellesVerlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte verfassungswidrig?

Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte verfassungswidrig?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte für verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichheitsbehandlungsgrundsatz verstößt. Die Entscheidung des BFH ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen.

Hintergrund: Verluste aus Termingeschäften sind seit 2021 nur sehr eingeschränkt verrechenbar. Sie können nur mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden, und dies auch nur bis zur Höhe von 20.000 € pro Jahr. Ein dar über hinausgehender Verlust kann nur in einem Folgejahr verrechnet werden, und zwar ebenfalls nur mit Gewinnen aus Termingeschäften bis zur Höhe von 20.000 €.

Sachverhalt: Der Antragsteller erzielte im Streitjahr 2021 zum einen Gewinne aus Termingeschäften in Höhe von ca. 250.000 € und zum anderen Verluste aus Termingeschäften in Höhe von ca. 227.000 €. Das Finanzamt saldierte die bei den Beträge nicht, sondern zog lediglich einen Verlust in Höhe von 20.000 € von den Gewinnen ab und gelangte so zu einem steuerpflichtigen Gewinn von ca. 230.000 €, der sich noch um weitere kleinere Positionen auf rund 213.000 € minderte. Hiergegen erhob der Antragsteller Einspruch und Klage und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt:

◼ Die gesetzliche Verlustverrechnungsbeschränkung für Verluste aus Termingeschäften dürfte bei summarischer Prüfung im vorläufigen Rechtsschutz gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
◼ Die Verlustverrechnungsbeschränkung stellt eine doppelte Ungleichbehandlung für Steuerpflichtige dar, die Verluste aus Termingeschäften erzielen. Zum einen können Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden und nicht mit anderen Kapitalerträgen oder gar anderen Einkünften. Zum anderen ist die Verlustverrechnung auf 20.000 € pro Jahr beschränkt.
◼ Dies führt zu einer sog. asymmetrischen Besteuerung, die dem objektiven Nettoprinzip widerspricht. Der Steuerpflichtige muss nämlich einen Gewinn versteuern, den er in dieser Höhe gar nicht erzielt hat. So hat der Antragsteller im Jahr 2021 insgesamt nur einen Gewinn von 23.000 € (250.000 € – 227.000 €) erzielt, muss aber ca. 213.000 € versteuern und hierauf eine Steuer von etwa 53.000 € errichten, die höher ist als sein Gewinn von 23.000 €.
◼ Für diese doppelte Ungleichbehandlung gibt es keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Der Gesetzgeber hat die Einführung der Verlustverrechnungsbeschränkung da mit begründet, dass die für die Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen begrenzt werden sollen. Tatsächlich ist der Steuerpflichtige aber steuerlich gezwungen, auch in den Folgejahren Termingeschäfte zu tätigen und dabei Gewinne zu erzielen. Denn nur dann kann er seine Verluste aus den Termingeschäften noch
verrechnen. Sofern es dem Gesetzgeber um eine Erhöhung des Steueraufkommens gegangen sein sollte, wäre dies ohnehin kein verfassungsrechtlicher Rechtfertigungsgrund.

Hinweise: Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Regelung kann nur das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) treffen, das bislang noch nicht an gerufen worden ist. Der aktuelle Beschluss ist nämlich im vorläufigen Rechtsschutz ergangen. Die Verlustverrechnungsbeschränkung wirkt sich vorliegend für den Antragsteller erheblich aus. Denn ihm verbleibt zum 31.12.2021 ein steuerlicher Verlust von ca. 207.000 € (Ver luste 227.000 € abzüglich Verlustverrechnung im Jahr 2021). Für die Nutzung dieses Betrags benötigt er mindes tens zehn Jahre; hierfür müsste er in den nächsten zehn Jahren jährliche Gewinne aus Termingeschäften in Höhe von mindestens 20.000 € erzielen und dürfte keine weiteren Verluste aus Termingeschäften erleiden. Ist es in vergleichbaren Fällen zu einer Verlustverrechnungs beschränkung gekommen, sollte der Einkommensteuer- so wie der Feststellungsbescheid mit einem Einspruch und An trag auf Ruhen des Verfahrens offengehalten werden. Ob daneben ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sinnvoll ist, ist im Hinblick auf die ggf. anfallenden Aussetzungszinsen vor allem von wirtschaftlichen Erwägungen abhängig. Der BFH hat das BVerfG bereits wegen einer anderen Beschränkung der Verlustverrechnung angerufen; in jenem Verfahren geht es um Verluste aus Aktienverkäufen, die nach dem Gesetz nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden können. Der BFH hält diese Verlustverrechnungsbeschränkung ebenfalls für eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Eine Entscheidung des BVerfG hierzu steht noch aus.

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